Sifnos

Sifnos - die "Leere"

Ja, Sifnos bedeutet schlicht leer. Aber so leer ist Sifnos nicht. Im Gegenteil, Sifnos hat uns so gut gefallen, dass die Insel jetzt neben Naxos und Chiang Mai der dritte Ort auf unserer ganz persönlichen Weltkarte mit Plätzen zum Niederlassen ist.


Uns gefällt es hier: malerische Orte, manche davon durchaus etwas größer, schöne Natur, nette Buchten und Fischerdörfer, es findet sich für jeden Geschmack etwas. Nur der Partytourismus hat die Insel nicht entdeckt, möge es lange so bleiben.


Sifnos ist ein Paradies für Wanderer! Mehr als 100km top gepflegte und kartografierte Wanderwege durchziehen die Insel, einer schöner als der andere. So viele Wege, so wenig Zeit... Aber wir kommen wieder und wer weiß, vielleicht auch mal länger als nur für ein paar Tage wie 2022.


Achtung: das ist ein recht langer Bericht! Denn obwohl Sifnos so groß nicht ist, hat es großen Eindruck bei uns hinterlassen.

Die Anreise

war von Folegandros aus sehr gemütlich mit der "Dionysios Solomos", einer normalen Fähre. Interessanterweise wurden wir kurz vor der Einfahrt in die Bucht von einem Seajet überholt, den wir in Milos noch gemütlich an der Mole schaukeln sahen. Nun ja, die sind ja auch doppelt so schnell. Und fast zehnmal so teuer.


Die Fahrt war sehr angenehm, wir konnten auf Deck sitzend noch einen schönen Blick auf Folegandros und die Chora erheischen... Ach, war schön da.


Das Ein- und Ausschiffen gehört zum Inselspringen und ist so richtig herrlich griechisch organisiert. Zuerst werden LKW, Auto, Menschen und dann Touristen ausgeladen. Dann in gleicher Reihenfolge wieder rein. Oder so, wie es halt gerade passt. Geht schon.


Bei der Ankunft dann eine Überraschung: ein richtig professionelles Fernsehteam samt Blumen und Willkomm-Plakaten rennt auf uns zu! Ach, das war doch wirklich nicht nötig, Danke!


Oh, das galt ja doch dem gutgekleideten älteren Herrn neben uns, OK.

Ein Riesentamtam mit Winkewinke, Umarmung, Küsschen links, Küsschen rechts, etc. pp. Ah ha... Später wurde dann direkt vor unserem Hotel gefilmt, auch wieder mit einem Aufwand sondergleichen: drei Auto, zwei Kameras, ein Tonmann und jede Menge Menschen, die zumindest kreativ und wichtig aussahen.


Doch nicht genug damit. Abends waren wir Essen in Agia Marina (gegenüber von Kamares) und da kam dann auch ein Drehmanager (keine Ahnung, wie man die nennt. Machte aber den Eindruck, als glaubte er, dass ohne ihn nichts, aber auch gar nichts liefe) und fragte, ob das Team für den Dreh den Tisch in der ersten Reihe haben könnte.

"Nein, ist reserviert" meinte der Wirt.

Ob sie denn hier im Gastraum filmen dürften?

"Klar, aber um die Ecke, hinter der Taverne. Keiner filmt hier meine Gäste".

Fanden wir sehr gut!


Das war irgendwie nervig, wie eine Fliege, die man nicht verscheucht bekommt. Wer also sachdienliche Hinweise hat, bitte melden. Wir wissen nur, es ging um einen gewissen "Ben" und gesprochen wurde niederländisch bzw. flämisch.

Unser Standort: Kamares

Im Hafenort Kamares haben wir Quartier bezogen, und zwar im Hotel "Afroditi". Für uns eine sehr gute Wahl, unser Tipp! Das wichtigste zuerst: Stelios und George, die sich um das Haus kümmern, sind einfach nette und herzliche Menschen - perfekte Gastgeber!


Die Lage ist für uns ideal, ruhig und nicht mitten im Trubel (fünf Gehminuten zum Hafen), dafür direkt am schönen Strand. OK, eine kleine kaum befahrene Straße muss überquert werden. Denn obwohl wir nicht die Strandgänger sind, genießen wir es doch sehr, am Nachmittag mal kurz den großen Zeh ins Wasser zu tunken.


Unser Zimmer (#10) war sehr, sehr schön - Roomtour hier auf Youtube - und allein der Balkon mit dem Blick aufs Meer ist Erholung für die Seele.


Kamares selbst ist hübsch. Hübsch unspektakulär. Ringsherum steile hohe Berge mit Klöstern und Kirchen garniert, schmiegt sich der Ort ans Meer. Alles wirkt noch beschaulich, obwohl es hier auch viele Zimmer bzw. Hotels gibt und an jeder Ecke ein "Rent-a-Car".


Was uns sehr gefallen hat, ist die Hafenpromenade. Hier kann man prima "Volta" machen (Spazieren), da und dort vielleicht einen Aperitif nehmen und in Ruhe überlegen, wo man sich denn heute Abend zum Essen niederlässt - immer diese Entscheidungen...


Auch hier wieder, wie zuvor auf Milos und Folegandros, hat uns die Qualität des Essens positiv überrascht. Nun hat Sifnos auch einen gewissen kulinarischen Ruf, denn der Autor des berühmtesten griechischen Kochbuches stammt von hier.


Probieren solltet ihr hier auf jeden Fall Revithokeftedes (Kirchererbsenbällchen), Kapernsalat (sic!) und Mastelo. Letzteres ist Lamm oder Ziege im Tontopf gegart - Sifnos ist nämlich auch die Insel der Töpfer.


So schön Kamares ist, werden wir beim nächsten Mal auf Sifnos aber auch ein par Nächte in Apollonia bleiben - dazu kommen wir gleich. Bei unserem Aufenthalt 2022 hatten wir keine Lust auf mehrfaches Umziehen. Drei Inseln und Athen war genug der Wechsel.

Apollonia & Artemonas

Na, wem fällt etwas auf bei den Namen der beiden Orte? Keiner mit humanistischer Bildung unter uns? Der Untergang des Abendlandes... 


Die beiden Schwestergemeinden sind nach Apollo und Artemis benannt. Und die beiden sind? Genau, Geschwister. Wieder was unnützes gelernt, lohnt sich hier zu lesen!


Diese beiden zusammengewachsenen Orte bilden solch ein herrliches Ensemble, dass es schon brutal kitschig wirkt. Aber nicht so plastikmäßig wie in Santorini, denn hier leben Menschen, hier ist nicht nur Tourismus.


Artemonia wird dominiert von herrschaftlichen Villen, von denen die eine oder andere uns auch zusagen würde. Ein Gewirr aus Gassen, Sackgassen, Blumentöpfen, Bougainvillea, ab und zu mal ein Esel, ein paar Katzen und viel, viel Licht!


Wenn man in Apollonia die Hauptgasse entlang schlendert und dann die Treppengasse nach Artemonia hochgeht, hat man entweder genug von weißen Häusern vor blauem Himmel. Oder man will hier nicht wieder weg - wie wir. Das kann man nicht beschreiben, das kann man nur erleben.


Und weil das hier so nett ist, werden wir das nächste Mal sicher ein paar Nächte in Apollonia bleiben, wir werden berichten - versprochen!

Kastro

Und wo wir gerade bei malerischen Orten sind. Apollonia können wir noch toppen - mit dem Kastro. Das ist ein irgendwie aus der Zeit gefallener Ort. 


In der eigentlichen Burg gibt es keine Cafés, Souvenirläden oder Restaurants. Nur Einheimische und einheimische Katzen. Und Ruhe, Licht und Farben! Davon aber sehr viel.


Auch hier wieder das gleich wie überall auf Sifnos: hier wohnen Menschen. Das ist kein Museum oder Zoo oder Disneyland. Hier nimmt alles seinen ruhigen Gang und wir sind nur Besucher. Und bitte verhaltet euch auch so, wenn ihr dort seid - Danke!


Da saß zum Beispiel ein alter Herr auf den Stufen vor einem Haus und wurde von einer griechischen Fotografin befragt und ab und zu auch mal fotografiert. Er sprach uns an, woher wir denn kämen - auf griechisch. Bevor die junge Fotografin übersetzten konnte, hatten wir schon geantwortet - auf griechisch. Das zaubert dann ein Lächeln auf alle Gesichter... 


Unser Tipp: seht euch das Kastro zu unterschiedlichen Tageszeiten an. Und wenn ihr wie wir dort hinwandert und ein Hüngerchen verspürt: im Estiatorio "Astro" (direkt außerhalb der Mauern) kann man sehr gut essen!

Wandern, Bus & Auto

Das Wegenetz auf Sifnos ist ein Paradebeispiel dafür, wie man es machen kann. Alles ist gut gepflegt und markiert. Und in der Touristeninformation z.B. in Kamares gibt es eine kostenlose Karte mit allen Informationen und Wegen. Und warum macht man das? Weil so etwas die Touristen herlockt, die der Insel gut tun. Einen Überblick über das ausgezeichnete Wegenetz bekommt ihr bei Sifnos Trails.


Leider war es 2022 wie auf Milos und Folegandros zu heiß, um jeden Tag zu wandern. Hier beschreiben wir eine sehr schöne Tour, die man auch in zwei Etappen hätte gehen können. So meinten jedenfalls unsere Beine und Füße.


Mit dem Bus von Kamares hoch nach Apollonia und auf dem Treppenweg nach Artemonas und von dort zur Panagia Poulatis runter zum Meer. Von dort auf einfachen Weg mit schönem Blick zum Kastro. Pause. Essen bei "Astro" (s.o.). Und Trinken, viel Trinken...


Danach weiter steil runter vom Kastro und leider wieder kräftig rauf an Agios Ioannis vorbei - immer Sifnos Trail 1 & 3 folgen und über Kato Petali zurück nach Apollonia auf einem Traumpfad durch herrliche Olivenhaine.


Eine Tour, die wirklich die Schönheiten der Insel zeigt, bei mehr als 30°C aber schon ziemlich anstrengend ist. Dennoch sicherlich einer der schönste Wege, die wir in Griechenland erwandert haben.


Apropos Bus. Als wir da waren, wurde der Fahrplan langsam ausgedünnt. Die Frequenz z.B. nach Apollonia (das Drehkreuz der Insel), passte nicht mehr zu unseren Bedürfnissen. Nach dem Frühstück 1,5 Stunden auf den Bus warten? Och, nö.


Also haben wir kurz entschlossen ein Auto gemietet (bei Proto Moto Car) und es nicht bereut! Das passt zwar nicht ganz zu manchen Wanderungen, weil es meist Streckentouren sind, aber wir kamen an interessante Orte, die mit dem Bus sehr selten oder gar nicht angefahren werden.


Hier findet ihr den Fahrplan: https://sifnos.gr/en/transportation-bus-timetable/


Der ÖPNV funktioniert auf Sifnos sehr, sehr gut. Aber so richtig flexibel ist man mit einem Auto. Und weil Sifnos auch groß genug ist, raten wir tatsächlich zu einem eigenen Fahrzeug für ein, zwei Tage. Darf auch gerne ein Roller sein, weil es so steil hier nicht ist.


Ganz klar unser Tipp: Wanderschuhe einpacken! Und wir werden im Frühjahr wiederkommen. Wenn alles frisch grün ist, wird es wohl noch schöner sein. Und vielleicht buchen wir dann tatsächlich mal geführte Wanderungen, damit wir uns keinen Kopf um An- und Abreise machen müssen.

Agios Symeon

Ein Skandal! Der Müller Kykladen-Führer hat eine Informations-Lücke! Sowohl die alte, als auch die 2022er Ausgabe. Wir sind schockiert, Welten brechen zusammen.


Tatsächlich schreibt der gute Herr Fohrer nichts über das Kloster Agios Symeon. Und dabei ist es ein so magischer Ort. How come?Nun, dann holen wir das eben nach!


Das Kloster konnten wir von unserem Balkon aus sehen, es thront auf einem Berg direkt über Kamares, abends nett beleuchtet, und hatten auch im Vorfeld gelesen, dass es erwandert werden kann. Stelios, unser Vermieter, meinte dann, das geht auch mit dem Auto: "first gear and push it!"


OK, versuchen wir es und es war gar nicht schlimm. Eine betonierte, wenn auch recht steile Auffahrt. Und in den Kurven nur nicht stehenbleiben, sondern Gaaaas geben.


Oben dann weiter Blick und Ruhe. Also es wäre ruhig gewesen, wenn nicht eine Gruppe französischer Wettkampf-Wanderer das Kloster als Etappenziel auserkoren hätte. Na gut, die waren schnell weg und dann war wirklich Ruhe.


Unser Tipp: wenn ihr ein Auto habt, fahrt vorsichtig hoch. Wenn ihr keines habt, machte eine Wanderung, die vorbei führt.

Die ganze kleinen Örtchen an der Küste

Sifnos hat so nette, malerische und ruhige Örtchen an der Küste, dass wir nicht entscheiden möchten, welcher denn jetzt der schönste ist. Man muss ja auch keinen Wettbewerb draus machen.


Faros mit den angrenzenden Buchten Vlicho und Fassolou ist ein Kandidat. Schön kann man hier auch an der Küste bis zum Kloster Panagia Chrisopigi spazieren, vorbei an alten Verladeanlagen. Ja, Sifnos war schon in der Antike bekannt für seinen Bergbau. Gold und Silber wurden hier geschürft. Das Schatzhaus der Sifnier in Delphi war eines der prächtigsten. Protz musste man sich auch damals leisten können.


Oder Vathi. Wenn man den gigantischen Hotelkomplex am Ortseingang mal außen vor lässt, ist das schon ziemlich nett hier. Man geht durch den Sand oder durch die Tavernen am Strand entlang. Da gibt es den Choriatiki (Bauernsalat) nicht direkt am Meer, sondern im Meer!


In Vathi gibt es das sehr interessante Kloster Taxiarchis, hatte leider zu, als wir da waren. Interessant auch, dass manche Urlauberinnen meinen, es sei in Ordnung, sich oben ohne direkt vor dem Kloster zu sonnen. Das waren mal keine Deutschen, sondern Franzosen. Auch mal nett. Ihr kennt das Bonmot von Kurt Tucholsky? Jedes Mal, wenn ich als Deutscher ins Ausland fahre, frage ich mich "muss ich mich benehmen oder waren schon Deutsche hier?"


Bei einer dieser Touren gabelten wir dann auch ein französisches Paar am Wegesrand auf, die wohl auch dachten, dass die Temperaturen besser zum Wandern geeignet seien. Ach, was haben die sich gefreut, dass sie nicht die 8km nach Apollonia hochlaufen mussten - und wir haben was für die Völkerverständigung getan.


Stichwort Verständigung: jetzt können wir mal so richtig mit Vorurteilen aufräumen. Denn die Beiden (so Mitte 50, Sie wie Er) sprachen sehr ordentliches Deutsch! Von wegen, die Franzosen nur Französisch usw. - früher vielleicht mal...


Am besten von den Örtchen hat uns jedenfalls Cherronisos gefallen. Ganz im Norden der Insel, der letzte Zipfel. Die Straße schlängelt sich die Hänge runter und dann kommt da plötzlich der Himmel auf Erden ins Bild. Eine Handvoll Häuser, ein kleiner Strand, Fischerboote, alles wir gemalt. Wir haben uns einfach auf eine Bank gesetzt und offenen Mundes gestaunt.


Klar, wenn ein amerikanischer Katamaran ankert und seine acht (akustisch eher 80)  Passagiere an Land spuckt, wird es etwas lauter. Das tut dem aber keinen Abbruch. 


Ja, hier könnten wir bleiben. Lange, lange Zeit. Und einfach nur leben...

Was uns nicht gefallen hat...

Ja, gibt es auch. Alles sehr persönlich, soll bitte jeder für sich entscheiden.


Der Hotelkomplex in Vathi ist gigantomanisch! Wer hat sich das ausgedacht und genehmigt? Schaut euch mal Luftbilder an, die halbe Bucht ist von dem Klotz in Beschlag genommen.


Sowas gehört unsere Ansicht nach nicht auf eine Insel wie Sifnos. Wir haben noch lange danach den Kopf geschüttelt. Ist aber die einzige große Bausünde, die uns aufgefallen ist.


Der Badeort Platis Gialos hat uns nicht "geflasht", um es nett auszudrücken. Sehr gut ist die Idee, dass man sein Auto auf dem Parkplatz stehen lassen muss. Sehr schlecht dagegen die Idee, dass 

die Hotels, Pensionen, Ressorts, Tavernen., Bars, etc. den Strand bis ans Wasser komplett besetzt haben.


Da hat man keine Chance, am Wasser entlang zu schlendern, man muss durch die Etablissements laufen. Was jetzt auch keinen Spaß macht, sich an den Tischen vorbei zu schlängeln.


Wir dachten, das sei in Griechenland nicht erlaubt, die letzten Meter gehören immer der Allgemeinheit. In Athen gab es deshalb nach den olympischen Spielen auch ein ziemliches Remmidemmi, weil die Investoren das anders sahen als die Bürger. Die Bürger bekamen damals Recht.

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Hier in Platis Gialos scheint das nicht zu gelten. Nichts für uns, auch wenn die Bucht als solches sehr schön ist.

Sifnos in Bildern

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