Der Südwesten

Der Südwesten - if you are going to San Francisco...

Sternzeit 1996. Internetzugang hatten wir daheim am PC (wir waren schon früh dabei) und sonst sehr selten. Mobiltelefone waren teuer und wir waren froh, keines zu haben. Digitalkameras gab es nicht oder vielleicht in irgendwelchen Versuchslaboren. Und vielleicht erschreckend für die heutigen Menschen: keine Smartphones!


Deswegen gibt es hier auch keine Fotos, sondern nur etwas Text - ein paar Erinnerungen. Vielleicht scanne ich ja noch ein paar Papierfotos ein.


Unser Fazit zu Beginn des Berichtes: wir sind viel zu viel gefahren und wollten zu viel sehen. Wir haben daraus gelernt, dass weniger oft mehr ist. Aber wir waren jung und in unserem Leben hatte sich viel getan. So machten wir uns für 4 Wochen auf in die USA. Die waren damals, wie alle Fernziele, etwas wirklich besonderes. Ihr wollt nach Amerika? Wow!


Die Vorbereitungen bestanden aus Lesen, Kreditkarten beschaffen (die hatte damals auch kaum jemand) und Flüge & Auto buchen. Dazu buchten wir noch ein Hotel in San Francisco zu Beginn und Ende der Reise, damit wir nach der Ankunft gleich eine Bleibe haben.

ATR42 in Naxos
Flying Dolphins

Die Route

Unsere Route war schon heftig. Und viele Ortsnamen haben schon per se einen Klang "Flagstaff, Arizona" oder "Sacramento".  Bei wem läuft da nicht das Kopfkino?


  • von San Francisco die Pazifikküste über Monterey und den Big Sur und San Luis Obispo entlang nach Los Angeles und San Diego.
  • Disney Land - yeah!
  • Palm Desert  und Phoenix waren die nächsten Stationen.
  • Dann Flagstaff und natürlich der Grand Canyon.
  • Las Vegas kam als nächstes, dann ein Abstecher nach St. George.
  • Von da aus mal eben über den Antelope Canyon nach Durango, Colorado.
  • Ein paar National Parks: Zion, Bryce Canyon, Death Valley, Yosemite National Park.
  • Weiter nach Sonora und Sacramento, das war die letzte Stadt, bevor es zurück nach San Francisco ging.


So viele Stationen, dass Google Maps nicht alle anzeigen kann :-) Immerhin knapp 5700 km in 4 Wochen. Oder 200 km pro Tag. Wir waren bescheuert aber glücklich. Alles übrigens ohne Navi, nur mit Karten. Trotzdem haben wir alles gefunden.


Wir erinnern uns noch gut an die Rückenschmerzen. Denn das Auto war vor allem eins: weich. Lenkung, Fahrwerk und die Sitze. Zwischendurch ging auch noch eine Warnlampe an, aber der freundliche Herr von Alamo konnte uns telefonisch weiterhelfen. Ein paar Liter Öl nachgefüllt und gut war.

Und sonst?

Die Übernachtungen haben wir bis auf das Hotel in San Francisco und Las Vegas vor Ort gesucht. Überall an Tankstellen und Supermärkten lagen Rabattheftchen aus. "Bleibe 2 Nächte, zahle nur eine" oder "10% off using this coupon" oder oder oder. So haben wir uns immer etwas günstiges gesucht. Manchmal waren da auch Etablissements vom Typ "Bates Motel" dabei. Aber im Dunkeln bei der Ankunft sieht man das ja nicht :-)


Das Essen war leider bis auf wenige Ausnahmen bestenfalls genießbar. Vielleicht haben wir oft falsch gewählt, aber wir hatten den Eindruck, dass gutes Essen weich, warm und fettig sein muss. Die Tex-Mex-Läden haben uns oft gerettet. Und die "Babba Gump Shrimp Company" - schließlich war der Film "Forrest Gump" noch frisch in Erinnerung.


Insgesamt haben wir gelernt, wie groß und großartig die USA sind. Kein Wunder, dass so viele Bürger dort im Lande bleiben - es bietet alles!


Ein paar Geschichtchen als Blitzlicht:

In San Francisco gibt es am Hafen ein Cafe: "Buena Vista" - berühmt für Irish Coffee. Gefiel uns sehr gut! Eine Bedienung sprach uns an, wo wir denn herkommen. Deutschland. Ach, schön, da war ich auch ein paar Jahre. Deswegen gefällt euch San Francisco so gut, es ist so europäisch. Nett!


In Las Vegas wurden wir bei der Bestellung alkoholischer Getränke nach unserem Ausweis gefragt. So jung sahen wir aus, das passiert uns heute nicht mehr...


Auch in Vegas hatten wir unsere erste Begegnung mit perfektem amerikanischem Marketing. Wir fanden einen Zettel im Zimmer: "Bleibt 3 Nächte länger und ihr müsst nur 2 bezahlen". Da wären wir beinahe schwach geworden, obwohl das "Circus-Circus" sicher die falsche Wahl war.


In Palm Desert haben wir gelernt, was Durst bedeutet. Bei einer Wanderung hatten wir zu wenig Wasser dabei. Die letzten Kilometer zurück zum Auto durch die Hitze - "Palm Desert" halt - waren nicht einfach, weil wir schon alles ausgetrunken hatten. Das mittlerweile durch die Sonne erwärmte Wasser, das im Kofferraum auf uns wartete, war einfach köstlich!


Wandern in den Nationalparks: in der Nähe der Parkplätze waren sehr viele Menschen. Doch sobald wir uns die gewaltige Strecke von ca. 500 Metern zu Fuß (sic!) entfernten, waren wir fast alleine. Merke: wo man nicht direkt mit dem Auto hinfahren konnte, wurde es schnell einsam. So einsam, dass wir auf Pumas und Bären achtgeben mussten!


In Anaheim wunderten wir uns, was für aufgebrezelte Damen im Hotel herumlaufen. Das waren keine Damen, sondern Herren! Dort fand eine Drag Queen Show statt - great fun!


In Sacramento wurden wir gefragt, wo wir die tollen Schuhe herhaben. Als gute Deutsche trugen wir natürlich Birkenstock. 

"Die haben wir in Deutschland gekauft" 

"Wow - in Deutschland? Really?"

"Ja. Wir kommen aus Deutschland"

"Ach so! Ich hätte auch gerne auch solche Schuhe..."

Damals waren halt Birkis noch nicht so verbreitet und bekannt in den USA.


Wir sind sogar in Birkenstock durch das Death Valley gelaufen. Das war ziemlich blöd, denn dort verbrennt einem der Sand schnell die Füße. Und die Skorpione haben leichtes Spiel beim Zustechen. Das kann gefährlich werden, aber wir waren jung und sind ja davon gekommen.


In St. George, Utah (Mormonen Land) bekamen wir eine Führung durch das an sich nette Museum "Töchter der Prärie". Dort ging es um die Besiedelung des Westens. Die Dame erzählte etwas darüber, wie sich die Ureinwohner ("Indianer") verhalten haben. 

"Ach, die Indianer sind ja dumm und akzeptieren nicht, dass wir das Land nutzen. Die können ja keine richtige Landwirtschaft. Und die haben unsere Vorfahren ja bestohlen"

Betretenes Schweigen unsererseits ob dieser Weltanschauung.

Nicht geschwiegen hat aber das amerikanische Paar, das mit uns an der Führung teilnahm.

"Was soll das denn bedeute? Mein Mann hier ist Cherokee. Wollen Sie sagen, er sei dumm?"

Da war die Dame des Museums etwas pikiert, aber mit dem Paar haben wir uns dann draußen vor dem Museum noch nett unterhalten.


In Sonora war eine Art Karneval und Stadtfest in historischen Kostümen. In der Bar kam abends ein Sheriff herein - wie aus dem Western. Mit Hut, Staubmantel, Colts am Gürtel und einer Winchester. OK, Verkleiden kennen wir von zuhause. Dann merkten wir, dass das echte Waffen waren. Ohhhh, kennen wir nicht von daheim.


In Phoenix haben wir ein Kontaktlinsendöschen verloren - oder irgendwo vergessen, es war jedenfalls weg. Ohne Internet konnte man nicht einfach nach einem Optiker suchen, also haben wir zum Äußersten gegriffen und Menschen gefragt! Dabei lernten wir die unglaubliche Hilfsbereitschaft der Amerikaner kennen. Kein Problem, nach kurzer Zeit waren wir in einer gigantischen Mall und haben Ersatz gefunden.


Nochmal dahin?

Definitiv JA! Aber...  Wir würden einiges auslassen und an manchen Orten länger bleiben:

  • Wer ihn noch nicht gesehen hat, der muss sich den Grand Canyon ansehen. Unbedingt auch einen Rundflug machen! Auch Yosemite muss sein. Und dort wandern! Die anderen Nationalparks sind sehr schön, aber die Anfahrt ist für uns zu lang. Bryce, Zion, Arches - alle toll. Jedoch haben wir den Eindruck "wenn man keine Kuh reinschicken oder das Gebiet sonst nutzen kann, machen wir einen National Park draus".
  • Nach Las Vegas wollen wir auch wieder. Alles Plastik, Blinki-Blinki und Nepp, das aber einfach perfekt. Besser per Flieger als mit dem Auto. Ewig durch die Wüste fahren (die nächste Kurve in einer halben Stunde) ist nicht unser Ding.
  • Mehr Kalifornien! Die Pazifikküste, der Big Sur sind schon genug für ein paar Wochen.

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